… beschäftigt sich im Bereich Phonetik mit der physiologischen Realisierung von Lauten in all ihren Varianten. Die Phonologie untersucht dann, welche der (potenziell unendlich vielen) Laute in einer Sprache bedeutungsunterscheidend sind und somit den Status eines Phonems haben. So kann z. B. für das Deutsche ein Phonemsystem entwickelt werden, auf dessen Grundlage die Varietäten des Deutschen – Standardsprache und Dialekte – unter die Lupe genommen werden. Auch die historische Entwicklung von Sprachen und damit Lautwandelprozesse sind Thema der beiden linguistischen Disziplinen.

… fließen Phonetik und Phonologie in vielen Bereichen ein, schließlich geht es um Laute, Silbenstrukturen etc. – gewissermaßen um den Rohstoff von Sprache.


Schüler:innen der 5. Jahrgangsstufe am Gymnasium „wenden die aus der Grundschule bekannten phonologischen, silbischen, morphologischen und grammatikalischen Prinzipien zur Rechtschreibung für die korrekte Gestaltung von Texten an“. So spielen Phonetik und Phonologie im systematischen Rechtschreibunterricht der Grundschule und der weiterführenden Schulen eine wichtige Rolle, denn das phonografische und das silbische Prinzip der Rechtschreibung (Eisenberg 2016: §76–95) basieren auf Grundlagen der Phonetik und Phonologie.


Zudem lernen Schüler:innen im Kompetenzbereich „Sprechen und Zuhören“, z.B. in Gesprächsrunden oder Vortragssituationen, für andere verständlich zu artikulieren. Umgekehrt wird auch das Ohr geschult, Lautvarianten zu unterscheiden, zu verstehen und zu beschreiben: In der 5. Jahrgangsstufe der Realschule „hören [Schüler:innen] anderen aktiv zu und benennen Gründe für Nichtverstehen“.


Dabei werden sprachliche Varietäten der Schüler:innen etwa in der Grundschule wertgeschätzt und für die Entwicklung von Sprachbewusstsein herangezogen: „Unterschiede im sprachlichen Entwicklungsstand sowie die Verwendung verschiedener Sprachvarietäten (z.B. Dialekt, Jugendsprache) bieten zahlreiche Lerngelegenheiten“ . Schüler:innen der Mittelschule „reflektieren Merkmale von Sprachvarietäten (z.B. Soziolekt, Dialekt oder Regiolekt) und setzen diese bewusst, der Situation angemessen ein“.


Um beispielsweise Dialekte zu untersuchen, bietet sich die lautliche Ebene an, da Vergleichsaspekte hier oft besonders auffällig sind.

… ist die Auseinandersetzung mit der Phonetik und Phonologie deshalb, weil sie die Reflexionsgrundlage für Rechtschreibstrategien bietet. Hierzu zählen etwa das phonografische und das silbische Prinzip (mit ihren Chancen und Grenzen). Mithilfe von Phonetik und Phonologie lassen sich Laut- und Sprachwandel untersuchen und Sprachen vergleichen. Bewusstsein für die eigene Sprache und andere Sprachen ermöglicht einen differenzierten Blick auf die sprachliche Situation im Klassenzimmer, die oft ein Abbild unserer mehrsprachigen Gesellschaft ist.

… für Phonetik und Phonologie liegen u. a.

  • … in der Rechtschreibung:
    Schreibungen sind nicht willkürlich und müssen in vielen Fällen nicht auswendig gelernt werden. Sie sind historisch gewachsen und grundsätzlich erklärbar (Riegler 2011: 116). Hierfür halten Phonetik und Phonologie zusammen mit anderen linguistischen Bereichen zentrale Prinzipien bereit, die einsichtsvolles Üben ermöglichen.
  • … im Sprachvergleich (Müller/Szczepaniak 2019: 11f.):
    Der Vergleich des Deutschen mit anderen Sprachen regt ebenso wie der Vergleich von Dialekten des Deutschen dazu an, Lautinventare zu untersuchen und über Sprach- bzw. Lautwandel zu reflektieren. Dadurch wird zum einen Sprach- und Dialektvielfalt wertgeschätzt, zum anderen werden Sprachbewusstsein und ein Verständnis von Sprache als historisch gewachsenes System gefördert.
  • … im Sprechen und Zuhören:
    Bei Verständnisschwierigkeiten oder dem Vergleich von Aussprachevarianten (z.B. aufgrund von Deutsch als Zweitsprache oder Dialekt) kann es helfen, die Lautproduktion unter die Lupe zu nehmen: Wie unterscheiden sich Artikulationsart und Artikulationsort? Welche Standardlautung gilt? Wieso kommt es zu Abweichungen? Welche Wirkung haben sie?

… finden sich nach wie vor Aufgaben, die der problematischen Methode „Schreiben nach Gehör“ (vereinfacht: „Schreibe, wie du sprichst“) folgen. So bezeichnet das „Doppel-Klick 5“ für die 5. Jahrgangsstufe an Bayerischen Mittelschulen (Scharfe 2017: 233) Wörter wie Dorf und Blume als „Mitsprechwörter“, die man so schreibe, wie man sie spreche und höre. Bei Blume mag das noch funktionieren, auch wenn den Schüler:innen dann erklärt werden müsste, weshalb *<Bluhme> normwidrig ist. Bei Dorf gibt es neben der Standardlautung [dɔʀf] allerdings auch Aussprachevarianten. Die meisten Schüler:innen dürften Dorf mit vokalisiertem R sprechen, also [dɔɐ̯f], oder gar [do:ɐ̯f] mit Langvokal. Diese Schüler:innen müssten demnach *<Doaf> schreiben.
Diese Problematik lässt sich jedoch in eine Chance zur Reflexion umwandeln: Obiges Beispiel kann dazu genutzt werden, genau hinzuhören, Laute unterscheiden zu lernen und Grenzen eines rein phonografischen Prinzips im Unterricht zu diskutieren.

… finden sich

  • … weitere Schulbuchanalysen verschiedener Schularten zu Phonetik und Phonologie,
  • … ein Unterrichtsmodell für das 5. bis 6. Schuljahr zum Dialektvergleich (nicht nur) im Bereich Phonetik und Phonologie,
  • … ein Etherpad, in dem Sie selbst einen kurzen Text in Ihren Dialekt übertragen – oder eine bestehende Version nach Ihren Vorstellungen anpassen – können,
  • … ein Glossar, in dem phonologische Phänomene von Dialektwörtern beschrieben und sprachhistorisch erklärt werden,
  • … zwei Übungen zur phonetischen Transkription.

Nachweise

Eisenberg, P. (2016): Phonem und Graphem. In: Duden. Bd. 4: Die Grammatik. Unentbehrlich für richtiges Deutsch. Hg. von A. Wöllstein. Berlin, S. 19–94.

Riegler, S. (2011): Richtig schreiben. In: Sprachdidaktik. Hg. von M. Budde, S. Riegler und M. Wiprächtiger-Geppert. Berlin, S. 115–130.

Müller, A./Szczepaniak, R. (2019): Sprachen vergleichen. Deutsch und andere Sprachen. In: Praxis Deutsch 278, S. 4–12.

Scharfe, A. (Hg.) (2017): Doppel-Klick. Sprach- und Lesebuch Deutsch 5. Mittelschule Bayern. Berlin/München.


Empfehlungen

Féry, C. (2014): Phonetik und Phonologie. In: Sprachwissenschaft für das Lehramt. Hg. von J. Ossner und H. Zinsmeister. Paderborn, S. 121–156.
Das Kapitel führt angehende Lehrkräfte in die Grundlagen der Phonetik und Phonologie ein.

Im Jahr 2015 erschien die 2. Auflage von „Dialekte in Bayern“, einer Handreichung für den Unterricht (aller Schularten), die im Auftrag des bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus von einem Arbeitskreis am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München erstellt wurde. Die Handreichung enthält u.a. Unterrichtsmodelle und -materialien sowie Hörproben im Dialekt.

Tophinke, D. (Hg.) (2019): Praxis Deutsch 275: Dialekte heute.
Gerade der Vergleich von Dialekten bietet viele Möglichkeiten, Phonetik und Phonologie in den Deutschunterricht einzubeziehen.

Krifka, M. et al. (Hg.) (2014): Das mehrsprachige Klassenzimmer. Über die Muttersprachen unserer Schüler. Berlin/Heidelberg.
Der Band beschreibt das Lautinventar des Deutschen und gibt Einblicke in eine Vielzahl von Sprachen . Die sprachspezifischen Kapitel können Ausgangspunkt für sprachvergleichenden Deutschunterricht und die Unterstützung von Schüler:innen mit nichtdeutscher Erstsprache sein.